Engel (lat. angelus, von altgriechisch ἄγγελος ángelos „Bote“, „Abgesandter“;[1] Übersetzung von hebr. מלאך mal'ach „Bote“) sind Geistwesen, die gemäß traditioneller primärer Diktion der monotheistischen abrahamitischen Religionen des Judentums, Christentums und Islams durch Gottgeschaffen wurden und diesem untergeordnet sind.
Das religiöse Verständnis von Engeln und ihrer Funktion und Ordnung ist weitgehend den alten religiösen Texten des Tanach, dem Alten undNeuen Testament sowie dem Koran entnommen. Neben den codifizierten religiösen heiligen Schriften treten als Quellen für die Vorstellungen von Engeln volkstümliches Erzählgut wie Sagen und Märchen auf, spätantike und mittelalterliche Heiligenlegenden, Homilien und Wundergeschichten. Auf den Deutungen dieser Quellen bauen Texte der Moderne auf, u. a. so genannte „Engelslehren“. Insbesondere einflussreich sind die zahlreichen Engelvorstellungen der Esoterik.
Das Konzept der Vorstellung eines geistigen Wesens neben dem Hauptgott oder den Hauptgottheiten ist im vorderasiatischen Kulturraum alt überliefertes Kulturgut. In den Mythographien Babyloniens und aus den heiligen Schriften des Zoroastrismus sind ähnliche Mittler zwischen Gottheit und Welt zu finden. Bildliche Darstellungen zeigen „Engel“ geflügelt. Mythische geflügelte Mischwesen im Persischen Reich und die Darstellung altägyptischer Gottheiten zeigen Wesen, die zur sakralen göttlichen Sphäre gehören. Engelgestalten sind daher keine Vollgötter, sondern der Kategorie der Halbgottheiten zuzuordnen.
Manchmal werden auch die in polytheistischen Religionen zu findenden gottgleichen, aber nicht göttlichen Wesen, die das Überirdische vermitteln können, mit Engel übersetzt oder verglichen, so z. B. Deva, die indischen Halbgötter und Gottheiten. Im allgemeinen Sprachgebrauch versteht man unter Engel jedoch Boten eines einzigen Gottes einer der monotheistischen Anschauungen.
Ursprüngliche Engelsvorstellung
Darstellung einer assyrischen Gottheit
Ägyptischer Maler:
Isis, um 1360 v. Chr.
Persien und Zoroastrismus
Im Zoroastrismus, einer dominierenden Religion im Persischen Reich, sind Yazata der obersten Gottheit beigestellte oder seine mit dem göttlichen Funken berührten Helfer. Malakhim sind Boten von Gottes sittlichem Willen an die Menschen.
Die Vorstellung von solchen gottgesandten Helfern ist möglicherweise während des babylonischen Exils im Zuge der intellektuellen Analyse eines Weges zu Gott in das Judentum eingeflossen. Bildliche Darstellungen von geflügelten Gotteswesen sind durch Kontakte persischer mit griechischer und römischer Kultur bekannt.
Mesopotamien und Altes Ägypten
Die Beschreibung von geflügelten, göttlichen oder gottgleichen Wesen in den Kulten der Isis und des Osiris könnten ein Ursprung der Engelsdarstellung sein.[2].
Auch in den Kulturen von Mesopotamien ist die Vorstellung geflügelter Wesen als Mittler zwischen Göttern und Menschen zu finden. Mit Flügeln versehene Gottheiten oder Schutzgenien erscheinen in der Ikonographie der Religionen Mesopotamiens. „Engelsgleiche“ Darstellungen finden sich z. B. in den Königspalästen der Babylonier oder Assyrer in Ninive, Nimrud oder Dur Scharrukin.
Griechische und römische Antike
Der klassischen griechischen und römischen Kultur sind Engel als Mittler zur Gottheit unbekannt. Götter selbst greifen in das Leben der Menschen ein oder senden den Götterboten Hermes-Merkur mit seinen Flügelhelm. Jedoch ging mit der Auseinandersetzung Griechenlands mit orientalischer, vor allem persischer Kultur die Vorstellung einer mit Vogelschwingen geflügelten Siegesgöttin Nike in den Götter-Olymp ein. Obwohl als Victoria dann auch in den römischen Kulturkreis gelangt und in modernerer Zeit zum Siegesengel mit Siegeskranz und Palmenzweig z. B. der Quadriga stilisiert, hatte die griechisch-römische Götterwelt wohl kaum Einfluss auf religiöses Engelverständnis in der klassischen Antike, das weitgehend bis zur Christianisierung im europäischen Kulturraum oder dem Siegeszug des Islam in der arabischen Region seinen direkten Bezug zur Engelvorstellungen aus dem Orient beibehielt.
Engel im Judentum
Engel, hebr. מלאך mal'ach „Boten“, werden im Judentum durch Auslegung des Tanach und in langer Tradition meist als übernatürliche Wesen verstanden, die Gott im Himmel zur Seite stehen, aber streng von Gott (JHWH) zu unterscheiden und diesem untergeordnet sind. Sie können gelegentlich ausgewählten Menschen Gottes Willen und seine Anweisungen zu erkennen geben.[3]
Die Erscheinung von Engeln spielt schon in der Überlieferung der frühen Geschichte des Volkes Israel eine große Rolle. Verständnis von Engeln zieht mit der Tradition und geht in die anderen abrahamitischen Religionen ein. Jedoch wird im jüdischen Glauben an himmlisch-englische Wesen die komplexe Erklärung ihrer geistig-spirituellen Welt nicht durch ein genau zu definierendes Ordnungsschema regiert, wie es z. B. dann die Angelologie des frühen Christentums aufzubauen sucht.[4]
Engel im Christentum
Engelglaube hatte im Christentum lange eine zentrale Bedeutung. Während jedoch die Verehrung von Engeln im Katholizismus und derchristlichen Orthodoxie bestehen blieb, stehen die reformierten Kirchen dieser Form der Religiosität skeptisch bis ablehnend gegenüber. In den lutherischen Kirchen, insbesondere in der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK), wird aber der Gedenktag des Erzengels Michael und aller Engel gottesdienstlich begangen. Zudem enthält die evangelisch-lutherische Kirchenagende eine gesonderte Präfation zu diesem Gedenktag.
Außerkanonische Schriften (Henoch, Tobit)
Beschreibungen von Engeln und Engellehren finden sich auch außerhalb der von jüdischen oder christlichen Autoritäten anerkannten Hauptschriften ihrer Religion. So ist z. B. das Buch Henoch, vermutlich aus dem 3. Jahrhundert vor Christus und eventuell auf älteren Quellen aufbauend, eine Chronik, die ausführlich über eine „Reise durch die zehn Himmel“ und über Engel, ihre Namen, ihre Aufgaben und ihre charakteristischen Eigenschaften berichtet. Die Chroniken von Henoch wurden vom Kirchenvater Hieronymus im 4. Jahrhundert nach Christus zu Apokryphen erklärt und ihnen damit der Rang einer Heiligen Schrift aberkannt.
Das Buch Tobit, vermutlich aus dem 2. Jahrhundert vor Christus, beschreibt das Wirken des Engels Raphael.
Der Erzengel Isrâfîl, aus
Die Wunder der Schöpfung des al-Qazwînî, Irak 1280
Art und Ordnung der Engel
Die Bibel erwähnt verschiedene Arten von Engeln.[5] Sie stehen dort ohne eine klare Hierarchie, jedoch entwickelten Anhänger aller dreiabrahamitischen Religionen Varianten von Engelhierarchien. Beherrscht werden die Hierarchien in allen diesen monotheistischen Religionenvom Schöpfergott.
Ehrung von Engeln
Anbetung kommt nach Aussagen der Bibel den Engeln nicht zu (Kolosser 2,18; Offenbarung 19,10; 22,9). Es wird gelehrt, dass die Heiligen (alle Gläubigen) die Engel richten werden (1 Kor 6:3), da Jesus lehrt, dass in der Auferstehung die Menschen bezüglich Heirat und Unsterblichkeit wie die Engel sein werden (z. B. Lukas 20:35-36). Paulus lehrt ausdrücklich den Übergang des irdischen in den unsterblichen Leib (1 Kor 15:51).
Weibliche Engel
Oft werden Engel als geschlechtslose Wesen verstanden, obwohl zumindest einige von ihnen als Jünglinge oder junge Männer beschrieben werden, z. B. jene vom leeren Grab Jesu oder auch die in Sodom erscheinenden Engel des Alten Testaments. Während Sacharja 5,9 dahingehend interpretiert werden könnte, dass es auch weibliche Engel gibt, könnte 1. Kor 11,10 den Schluss zulassen, dass die männlichen Engel auch anfällig für die weiblichen Reize der irdischen Frauen im Gottesdienst seien. Diese somit zu emotionalen Reaktionen fähigen Engel stehen jedoch im Konflikt mit der Vorstellung vom Engel als „reinem Wesen“.
Der Mystiker Emanuel Swedenborg beschreibt in seinem Werk Die eheliche Liebe, dass aus der Seele eines Mannes und der Seele einer Frau durch die Ehe im Himmel ein geschlechtsloser Engel erschaffen wird.
Eine angebliche Sexualität der Engel und der auferstandenen Menschen, wie sie die Sadduzäer vermuten, wird von Jesus widerlegt. Im Markusevangelium lesen wir: „Irrt ihr nicht deshalb, weil ihr die Schriften nicht kennt? Denn wenn sie aus den Toten auferstehen, heiraten sie nicht, noch werden sie verheiratet, sondern sie sind wie die Engel im Himmel. Was aber die Toten betrifft, dass sie auferweckt werden: Habt ihr nicht im Buch Moses gelesen, wie Gott beim Dornbusch zu ihm redete und sprach: Ich bin der Gott Abrahams und der Gott Isaaks und der Gott Jakobs? Gott ist nicht Gott von Toten, sondern von Lebenden. Ihr irrt sehr.“ (Markus 12,25-27)
Angelologie in moderner Theologie
Die traditionelle dogmatische Disziplin der Angelologie findet heute meist wenig Beachtung. Im 20. Jh. haben sich zum Thema u. a. Karl Barth,Karl Rahner, Leo Scheffczyk, Ludwig Ott, Herbert Vorgrimler, Thomas Ruster und Johann Ev. Hafner geäußert.
Engel im Islam
Engel, arabisch الملائكة al-Mala'ika sind im Islam die Boten, die den Propheten die Offenbarungen Gottes übermitteln (Sure 2:98-99). Der schon im vorislamischen Arabien existierende Glaube an Engel wurde in die Glaubesvorstellung des Islam integriert und Existenz und Glaube an Engel im Islam wird als wichtig eingestuft (Sure 4:136). siehe auch: Hafaza.